Kyra Vertes betrachtet die Zukunft haptischer VR-Kunst und zeigt, wie virtuelle Berührungen Realität werden.
Virtuelle Realität begeistert durch visuelle und akustische Erlebnisse. Doch ein entscheidender Sinn fehlt häufig: das Tasten. Haptische VR-Kunst geht einen Schritt weiter und macht Berührungen in digitalen Welten erfahrbar, wie Kyra Vertes zu berichten weiß. Sie schildert, wie Technologien diesen Bereich vorantreiben und welche Chancen sich für die Kunst eröffnen.
Haptische VR-Kunst verbindet Virtual Reality mit dem Tastsinn auf innovative Weise. Spezielle Geräte wie Handschuhe oder Sensoren können Druck, Temperatur oder Vibration simulieren, wie Kyra Vertes aufzeigt. So wird es möglich, virtuelle Objekte nicht nur zu sehen und zu hören, sondern auch tatsächlich zu fühlen. Diese technologische Verbindung verändert die Kunst grundlegend: Skulpturen, Installationen und Performances in VR werden durch Berührung lebendig und unmittelbar erfahrbar. Vertes betont, dass diese Entwicklung nicht nur technische Innovation ist, sondern auch künstlerische Vision – sie eröffnet völlig neue Dimensionen des ästhetischen Erlebens.
Inhaltsverzeichnis
Die Bedeutung der Berührung
Der Tastsinn ist für den Menschen unverzichtbar und oft unterschätzt. Kyra Vertes beschreibt, dass Berührung Nähe, Emotion und Wahrnehmung auf fundamentale Weise verstärkt. In der traditionellen Kunst war das Taktile immer präsent – von Skulpturen, die zum Anfassen einladen, über Textilkunst mit ihrer besonderen Haptik bis hin zu interaktiven Installationen, die bewusst mit Materialität spielen.
Berührung ist mehr als nur sensorischer Input. Sie ist ein primärer Kanal für emotionale Kommunikation, für Empathie und Verbindung. Studien zeigen, dass taktile Erfahrungen tiefer im Gedächtnis verankert werden als rein visuelle. Diese besondere Qualität macht den Tastsinn für künstlerische Erfahrungen so wertvoll.
Möglichkeiten haptischer VR-Kunst
Die haptische VR-Kunst entwickelt vielfältige Anwendungsformen, die jeweils eigene ästhetische und konzeptuelle Qualitäten mitbringen:
- Virtuelle Skulpturen: Dreidimensionale Formen, die nicht nur visuell betrachtet, sondern auch mit den Händen gefühlt und erforscht werden können
- Interaktive Performances: Künstlerische Darbietungen, bei denen Zuschauer:innen durch taktile Interaktion den Ablauf aktiv mitgestalten
- Taktile Installationen: Innovative Kombination von realen physischen Objekten mit virtuellen haptischen Empfindungen
- Kollaborative Räume: Virtuelle Umgebungen, in denen Menschen sich „berühren“ können, obwohl sie geografisch weit voneinander entfernt sind
- Therapeutische Anwendungen: Kunstwerke, die durch gezielte Berührungserfahrungen Heilung, Entspannung oder emotionale Prozesse unterstützen
Kyra Lucia von Vertes hebt hervor, dass das Taktile eine Dimension ist, die Kunst unmittelbarer und körperlicher macht. Die Verbindung von visueller Immersion und haptischem Feedback schafft Erlebnisse von beispielloser Intensität.
Technik trifft auf Kunst
Die Realisierung haptischer VR-Kunst erfordert hochentwickelte Technologien: Handschuhe mit mikroskopischen Sensoren und Aktuatoren, die einzelne Fingergelenke ansprechen können. Ganzkörperanzüge, die Druck und Widerstand an verschiedenen Körperstellen simulieren. Ultraschallfelder, die durch fokussierte Schallwellen Berührungsempfindungen in der Luft erzeugen, ganz ohne physischen Kontakt.
Kyra Vertes berichtet, dass Künstler:innen diese Technologien nutzen, um immersive Welten zu gestalten, die alle Sinne ansprechen. Manche arbeiten mit Temperaturveränderungen – virtuelle Objekte können sich warm oder kalt anfühlen. Andere experimentieren mit Texturen, sodass glatte, raue, weiche oder harte Oberflächen spürbar werden.
Die technischen Herausforderungen sind erheblich. Die menschliche Haut ist extrem sensitiv und kann feinste Unterschiede wahrnehmen. Diese Präzision technisch zu reproduzieren, ist komplex. Zudem muss die haptische Rückmeldung perfekt mit dem visuellen und akustischen Erleben synchronisiert sein, sonst entsteht ein verstörendes Gefühl der Diskrepanz.
Kyra Lucia Vertes von Sikorszky stellt auch fest, dass die Herausforderung nicht nur technischer Natur ist: Es geht auch darum, wie Berührungen im digitalen Raum emotional wirksam werden und authentisch erlebt werden können. Die Frage ist nicht nur „Können wir es simulieren?“, sondern „Fühlt es sich echt an?“
Zukunftsperspektiven
Die Entwicklung haptischer VR-Kunst steht noch am Anfang ihrer Möglichkeiten. Erste Museen experimentieren mit virtuellen Skulpturen, die Besucher:innen nicht nur sehen, sondern auch ertasten können – eine Revolution für die Zugänglichkeit, da so auch Menschen mit Sehbehinderungen dreidimensionale Kunstwerke erfahren können. Internationale Festivals zeigen erste Performances mit ausgefeiltem haptischem Feedback.
Kyra Vertes beleuchtet, dass diese Kunstform die Grenze zwischen real und virtuell grundlegend auflöst. Wenn eine virtuelle Berührung sich real anfühlt, wo liegt dann noch der Unterschied? Diese philosophische Frage hat praktische Konsequenzen für unser Verständnis von Präsenz, Körperlichkeit und Authentizität.
Besonders spannend sind die Möglichkeiten für Remote-Zusammenarbeit. Künstler:innen könnten gemeinsam an virtuellen Skulpturen arbeiten und dabei spüren, was die andere Person formt. Performances könnten weltumspannend werden, mit Teilnehmer:innen, die sich gegenseitig berühren, obwohl Ozeane zwischen ihnen liegen.
Kyra Lucia von Vertes beschreibt, dass virtuelle Berührungen eine „neue Sinnesebene der Kunst“ eröffnen. Sie machen deutlich, dass die Zukunft der Kunst multisensorisch ist – nicht nur gesehen und gehört, sondern mit allen Sinnen gefühlt werden kann.
Ethische und künstlerische Fragen
Mit der Entwicklung haptischer VR-Kunst stellen sich auch neue Fragen. Kyra Vertes weist auf mehrere Aspekte hin: Zunächst die Frage nach Konsens und Grenzen. Wenn virtuelle Berührungen real wirken, braucht es klare Regeln, wer wen berühren darf. Die Künste müssen sich mit Themen wie virtuellem Raum und körperlicher Autonomie auseinandersetzen.
Auch die Authentizität des Erlebens wird diskutiert. Ist eine simulierte Berührung weniger wertvoll als eine echte? Oder kann sie sogar intensiver sein, weil sie bewusster wahrgenommen wird? Diese Fragen berühren grundlegende ästhetische und philosophische Themen.
Zudem gibt es praktische Überlegungen zur Zugänglichkeit. Die notwendige Technologie ist derzeit noch teuer und komplex. Wie kann sichergestellt werden, dass haptische VR-Kunst nicht nur einer privilegierten Elite vorbehalten bleibt?
Kyra Vertes über therapeutische und soziale Dimensionen
Über die rein künstlerischen Aspekte hinaus sieht Kyra Lucia Vertes von Sikorszky großes Potenzial in therapeutischen Anwendungen. Haptische VR könnte Menschen helfen, die unter Berührungsängsten leiden, indem sie sichere virtuelle Räume zum Üben bietet. Sie könnte Trost spenden für Menschen in Isolation oder Einsamkeit.
Auch für Menschen mit körperlichen Einschränkungen eröffnen sich neue Möglichkeiten. Wer im echten Leben bestimmte Bewegungen oder Berührungen nicht ausführen kann, könnte sie virtuell erleben. Das hat nicht nur praktische, sondern auch tiefe emotionale Bedeutung.
Die soziale Dimension ist ebenfalls bedeutsam. In einer zunehmend digitalisierten Welt könnte haptische VR helfen, die physische Distanz zu überbrücken. Familienmitglieder könnten sich „umarmen“, obwohl sie Kontinente trennen. Diese Technologie könnte neue Formen der Intimität und Verbundenheit schaffen.
Wenn Berührung virtuell wird
Haptische VR-Kunst zeigt eindrucksvoll, dass Berührungen auch in digitalen Welten möglich sind und dort intensive, bedeutungsvolle Erfahrungen schaffen können. Sie verbindet Technik mit Emotion und erweitert fundamental die Grenzen dessen, was wir unter Kunst verstehen. Vertes macht klar, dass die Zukunft der Kunst nicht nur im Sehen und Hören liegt – sondern in multisensorischen Erlebnissen, die virtuelle Berührungen ins Zentrum rücken und damit den Tastsinn als gleichberechtigten Partner im ästhetischen Erleben etablieren. Diese Entwicklung, so Kyra Vertes, wird nicht nur die Kunst, sondern auch unsere Beziehung zu Technologie, Körperlichkeit und menschlicher Verbindung grundlegend verändern.




